In den Anfängen der späteren Weltfirma entwirft eine Denkschrift von Carl Duisberg aus dem Jahr 1895 eine der großartigsten Industrieplanungen in Deutschland. Wesentliche Merkmale dieses Konzepts: Für den gesamten Werksorganismus galt das Prinzip der “dezentralen Organisation”. Jede Abteilung im Werk war eine Fabrik für sich mit selbständiger Leitung unter zentraler Oberleitung. Kurze Wege sowie ein rasterförmiges Straßen- und Schienennetz sorgen noch heute im Werk für Weite und Großzügigkeit. Markante Architektur und eine anspruchsvolle Parkanlage setzen optische Akzente. Carl Duisbergs Direktorenvilla auf dem Werksgelände demonstrierte noch bis in die 60er Jahre seine Position als Schöpfer und Lenker in einer Zeit zunehmender Anonymisierung von Eigentums- und Entscheidungsverhältnissen in der Industrie.
Bayer Farbenlager B9 und Bayer-Kreuz
Bayer setzt auf Superlative: Der Stahlbetonbau des zwischen 1951 und 1958 entstandenen Farbenlagers galt zu seiner Zeit als das modernste Fabrikgebäude Deutschlands und als interessanter Beitrag zur Entwicklung der Lager- und Speicherbauten. Für das Unternehmen markierte es in der Nachkriegszeit den Aufbruch in eine große Zukunft. Das bereits 1933 erstmals errichtete riesige Bayer-Kreuz galt als die größte freitragende Lichtreklame der Welt und als Zeichen “unseres Mutes und der Zuversicht”, wie Generaldirektor Carl Duisberg es damals formulierte.
Pharma-Hauptverwaltung
Nach den positiven Erfahrungen mit dem Düsseldorfer Architekten Emil Fahrenkamp beim Bau der Tablettenfabrik im Jahr 1928 wurde sieben Jahre später auch der Auftrag für die Pharma-Hauptverwaltung an ihn vergeben.
Sein ursprünglicher Entwurf, der sich an der Formensprache seines Vorgängerbaus orientierte, scheiterte aus Luftschutzgründen an der Haltung der Genehmigungsbehörden. Dennoch ist das entstandene 77 Meter lange achtgeschossige Gebäude mit Satteldach und seinem rückseitigen Flügel von hoher architekturhistorischer Bedeutung.
Es zeigt den Wandel im Lebenswerk eines der großen Architekten des Rheinlandes in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Bayer-Hauptverwaltung
Modernste Bürotechnik für die Mitarbeiter und ein würdiger Rahmen für die Direktion: Beim Bau der Bayer-Hauptverwaltung zwischen 1906 und 1912/13 gelang eine Synthese aus konservativer Formensprache in der Architektur und opulenter Gestaltung der Innenräume. Generaldirektor Carl Duisberg, der in seiner Denkschrift von 1895 bereits sein Konzept für die gesamte Werksanlage vorgelegt hatte, gab auch beim Bau der Hauptverwaltung entscheidende Impulse.
Bayer-Kasino
Trotz dieses Stilmixes stimmt die Chemie: Das Kasino auf dem Gelände der Bayer-Werke vereint neubarocke Grundzüge mit Anklängen an den Jugendstil und Heimatstil-Elementen. Der große, zentral gelegene Speisesaal, der auch zu glanzvoller Repräsentation genutzt werden konnte, ist auch heute noch das dominante Grundrisselement. Seit einigen Jahren ist im Bayer-Kasino ein Vier-Sterne-Hotel eingezogen. Teile der ursprünglichen Ausstattung sind nicht mehr vorhanden.
Bayer-Kaufhaus
am Pförtner 1
Um die schlechte Versorgungslage für die Werksangehörigen zu verbessern, wurden in der deutschen Industrie Konsumanstalten gegründet. Auch in Leverkusen entwickelte sich nach der Gründung des ersten “Consumvereins” im Jahr 1895 die werksgebundene Vorsorge kontinuierlich weiter. Das noch heute erhaltene 1921-25 erbaute Bayer-Kaufhaus ist ein in den Bauformen überliefertes Beispiel für die von Bayer entwickelte Art der Warenversorgung.
Bayer Werkstor Pförtner 1
Das Werkstor ist immer Zäsur und Verbindung zweier Welten und repräsentiert Werk und Unternehmen gegenüber der Öffentlichkeit. Pförtner 1 mit Hauptfeuerwache von 1912 ist ein perfektes Zeugnis dieser Baugattung. Im Torhaus mit seinen anschließenden Gebäudeteilen verknüpfen sich die vielfältigen Funktionen der Werksfeuerwehr mit den polizeilichen Aufgaben des Pförtners. Die in der Laterne auf dem Dach angebrachte Uhr mahnt zur Pünktlichkeit.
Bayer Tablettenfabrik
Als Ende der 20er Jahre das Bayer-Werk auch als pharmazeutischer Produktionsstandort ausgebaut werden sollte, erhielt der Düsseldorfer Architekt und Lehrer an der Kunstakademie Emil Fahrenkamp im Jahr 1928 den Auftrag zum Bau der Tablettenfabrik. Die von ihm geplante Anlage als zwölfgeschossiger Turmbau und mehr als hundert Meter langer fünfgeschossiger Flügelbau wurde vom Auftraggeber gelobt “als fein durchgebildete Architektur, ein prächtiges Bild und eine schöne Seitenfassade”. Realisiert wurde allerdings zunächst lediglich der Flügelbau mit der ihn charakterisierenden Pfeilerarchitektur. Der Turmbau hat seine geplante Höhe nicht erreicht. Dennoch gilt der seit 1949 sechsgeschossige Bau bis heute im werksinternen Sprachgebrauch als Turmbau.
Agfa – Verwaltung und Lager
Ein repräsentativer Empfangsbereich für die Kundschaft im neungeschossigen Bürohochhaus – eine black-box fürs Fotopapier und den Versand: Das 1954 entstandene Agfa-Gebäude besteht aus Verwaltung und Lager, die als eine aufeinander bezogene Einheit gelten müssen. Der Architekt Fritz Kunz realisierte mit diesem Ensemble ein baukünstlerisch gelungenes Beispiel für die Architektur der 50er Jahre, das sich deutlich abwendet von der feierlich-monumentalen Formensprache der Vorkriegsarchitektur.
Siedlungswerk Bayer
Kluge Unternehmensstrategie ließ zusätzlich zu dem seit 1895 forcierten Siedlungsbau im Jahr 1901 einen Wohlfahrtspark anlegen mit einem großen Angebot an sozialer Infrastruktur.
Carl Duisberg hatte die Konzeption einer Industriestadt als Verbindung von Chemischer Fabrik und Wohnbauten mit zugehöriger Infrastruktur entwickelt. Die rasch wachsende Zahl an Arbeitern konnte so an das sich zum Großbetrieb entwickelnde Werk gebunden werden.
Dampfspeicher-Lokomotive „Persil”
1914 wurde die Hitdorfer Lokomotive von der Aktiengesellschaft für Lokomotivbau Hohenzollern mit der Nummer 3307 gebaut. Eingesetzt wurden solche Maschinen auf großen Werksarealen, um den dort in den Kesselhäusern erzeugten Dampf ökonomisch auszunutzen. Zugleich konnte durch einen feuerlosen Betrieb die von Lokomotiven ausgehende Brandgefahr vermieden werden.
Die Hitdofer Maschine war zuerst unter dem Namen „Persil“ bei Henkel im Werk Reisholz (Düsseldorf) im Einsatz, wurde dann an die Firma Papier & Pappe in Viersen verkauft, kam von dort zur Rheinischen Pappenfabrik in Monheim-Blee und diente dort für Rangierfahrten. Bei der Pappenfabrik und bei Shell waren je zwei Dampfspeicherloks im Einsatz.
Bayer Konzernzentrale
Größer kann ein Kontrast kaum sein: Auf der einen Straßenseite der Kaiser-Wilhelm-Allee 1 purer Historismus mit aufwändiger Bauornamentik aus rotem Sandstein, reich ausgestattetem Vestibül und einem als Ehrenhalle gestalteten Treppenhaus: Die ehemalige Hauptverwaltung aus den Jahren 1906-1912, ein Gestus der Macht und der Repräsentation, erbaut zum 50-jährigen Bestehen der Farbenfabriken Bayer. 900 Mitarbeiter sollten hier Platz finden. Zugleich wurde mit dem eindrucksvollen Bau der Firmensitz von Elberfeld ins damalige Wiesdorf (seit 1930 der damals neugegründeten Stadt Leverkusen zugehörig) verlegt.
Exakt auf der anderen Seite der Allee Transparenz aus Glas und Stahl, mit einem weiten, lichten Entree, in dem ein System von Brücken und scheinbar frei schwebenden Treppen drei Etagen verbindet. Auch hinter der Schranke in der Lobby herrscht Durchsicht – bis weit in die gepflegte Parklandschaft hinein. Schaut man das Gebäude von dort aus an, so scheint es mit seinen zwei gläsernen, halb-elliptischen, je 180 Meter langen Seitenflügeln aus dem umgebenden Grün zu erwachsen: Die Konzernzentrale von Helmut Jahn aus dem Jahr 2002.
Die dritte Konzernzentrale, das Bayer-Hochhaus, das zum 100-jährigen Bestehen des Unternehmens im Jahr 1962 die alte Hauptverwaltung abgelöst hatte, existiert nicht mehr. Es wurde 2012 abgerissen.
Bayer-Löwe
Scheinbar ungerührt hat die geradezu monumentale steinerne Bayer-Löwin die vielen Jahrzehnte seit ihrer Schöpfung im Jahr 1924 überstanden. Sie hat Inflation, Kriegsjahre und Umzug überlebt und liegt als “Wächter in seiner katzenartigen Ruhe”, (Seibert 2020, S. 229) wie ihr Schöpfer, der Bildhauer Bernhard Hoetger für sie warb, seitlich an der Einfahrt zur Kaiser-Wilhelm-Allee, wo sie mit aufmerksamem Blick und gesammelter Energie die Zufahrt zu den Bayer “Headquaters” überwacht. Dass ihre Entstehung nicht frei war von Irritationen zwischen dem Künstler und seinem Auftraggeber, dem damals höchst erfolgreichen und dabei sehr kunstsinnigen Bayer-Generaldirektor Carl Duisberg, lässt sich aus der Korrespondenz zwischen den Herren entnehmen. Wenn die Kunst zu übermütig wird, siegt der Sinn fürs Kaufmännische.