Bayer-Siedlung Kolonie III Johanna

Bayers Generaldirektor Carl Duisberg legte besonderen Wert auf die Anlage von firmeneigenen Siedlungen und Wohlfahrtseinrichtungen. Staatliche Maßnahmen erschwerten den Bau und Unterhalt von Werkssiedlungen aber immer mehr, sodass Bayer die entsprechenden Bauarbeiten 1923 ganz einstellte. Zuvor aber war die Kolonie II entstanden, bei der das Essener Architekturbüro von Georg Metzendorf federführend war. 


Geschichte

Im Herbst 1912, gleichzeitig mit der Verlegung des Hauptsitzes an den Rhein, schrieben die Farbenfabriken einen offenen Wettbewerb für den Bau einer dritten Beamten- und Arbeiterkolonie aus. Die ausführlichen Vorbedingungen orientierten sich stark an der Kolonie II.

Von den 137 im November 1912 eingereichten Entwürfen blieben nur 50 als den Vorgaben entsprechend im Wettbewerb. Die Jury kürte schließlich die Essener Architekten Schnatz und Mink als Sieger. Die beiden waren im Büro von Georg Metzendorf, dem Schöpfer der Essener Margarethenhöhe, tätig. Eine Überlieferung in der Familie Metzendorf besagt, dass sie stellvertretend für ihren Arbeitgeber antraten. Dieser habe nicht unter seinem Namen teilnehmen können, weil sein Bruder, der Architekturprofessor Heinrich Metzendorf, Mitglied der Jury war.

Den dritten Platz belegte das Dortmunder Architekturbüro von Karl und Dietrich Schulze, das zuvor schon, einem Wettbewerb folgend, das Wiesdorfer Rathaus errichten konnte.

Als Standort der Siedlung hatte die Firma Bayer bereits um 1910 etwa 100 Morgen östlich der Köln-Mindener Eisenbahnstrecke erworben. Zwei Wiesdorf und Manfort verbindende Straßen sollten die nördliche bzw. südliche Grenze bilden. Das Gelände schloss nördlich an die 1911 begonnene Siedlung Eigenheim an. Nördlich schloss sich die Dhünnaue mit der Doktorsburg an; daraus entstand später der Stadtpark. Im Zentrum des Geländes lag eine feuchte Senke, die gemäß des Ausschreibungstextes als Grünanlage erhalten bleiben sollte. Hier war in zentraler Lage und durch den Freiraum hervorgehoben ein Museumsbau vorgesehen.

Lageplan Wettbewerbsergebnis. 

Die Pläne der Wettbewerbssieger wurden in der Bauabteilung des Unternehmens nochmals überarbeitet; dann begann die Ausführung. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs stockten die Arbeiten, wurden später aber fortgesetzt. Es wurde aber auf die geplanten Gemeinschaftsbauten wie Museum und Gasthaus verzichtet. Nach Kriegsende wurde die zentrale Grünfläche als Ehrenhain für die Gefallenen des Krieges neu interpretiert. Ein Denkmal von Fritz Klimsch, einem der von Carl Duisberg häufig beauftragten Bildhauer, wurde hier aufgestellt.

Da staatliche Maßnahmen wie die Hauszinssteuer den Bau und Unterhalt von Werkssiedlungen immer stärker erschwerten, stellte Bayer schließlich 1923 die Bauarbeiten ganz ein. An der Rathenaustraße setzte der Gemeinnützige Bauverein der Stadt Wiesdorf die Bebauung fort; nördlich der Straße entstanden später Volkswohnungen der NS-Zeit.

An der Stelle des Museums entstand nach dem Zweiten Weltkrieg eine Kirche mit Kindergarten; weiter östlich war bereits im Krieg ein Hochbunker errichtet worden.

Die Siedlung wurde inzwischen von Bayer an die Wohnungsbaugesellschaft Vonovia verkauft. Diese führte in einigen Bereichen Verdichtungen durch. Eine Privatisierung der Häuser fand jedoch bisher nicht statt.

Beschreibung
Den Auftakt im Nordwesten bildet ein Platz mit dem Elefantenbrunnen; dahinter erhebt sich ein Torbau. Die Straßen sind im Wesentlichen rechtwinkelig zueinander angeordnet. Langgestreckte, traufständige Reihen- und aneinander gebaute Mehrfamilienhaus-Zeilen werden von giebelständig angeordneten Häusern unterbrochen; häufig sind Hausgruppen symmetrisch zueinander beiderseits der Straße angeordnet. Nebenstraßen werden teilweise über Torbögen in Zeilen erschlossen. Die als Nord-Süd-Achse ausgebildete Hindenburgstraße ist teilweise als Allee bepflanzt und wird durch Eckpavillions akzentuiert. Mehrfach sind Häuser auch in Form gestaffelter barocker Schlossbauten angeordnet.

Die einzelnen Bauten sind stilistisch in Formen der Reformarchitektur gestaltet, wie sie von Metzendorf und anderen um 1910 erstmals eingeführt wurde. Dabei spielen Putzfassaden und Profile eine zentrale Rolle. Die Dächer sind einheitlich geneigt und werden von übergiebelten Gauben durchbrochen. Die Hauseinheiten werden miteinander verzahnt und als Einheit verstanden, so dass die vergleichsweise kleinen Reihenhäuser zu einem einheitlichen, großzügigen Erscheinungsbild verschmelzen.

Alexander Kierdorf

Ortsinformation:

Rungestraße, Rathenaustraße, Haberstraße, Manforter Straße u. a.
51373 Leverkusen

Literatur und Quellen

  • Arbeitersiedlung in Wiesdorf. In: Deutsche Konkurrenzen 29, 1913, Heft 3,4 (Nr. 339-340), S. 9-12
  • Bayer-Kolonie III, Wiesdorf. In: Wasmuths Monatshefte für Baukunst, 5, 1920/21, S. 83-91
  • Wohlfahrtseinrichtungen der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co, Leverkusen bei Köln am Rhein 1922
  • Metzendorf, Rainer: Georg Metzendorf. 1874-1934. Siedlungen und Bauten (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte, Bd. 96), Marburg, Darmstadt 1994
  • Pufke, Andrea (hg.): Siedlungen in Nordrhein-Westfalen: Rheinschiene, Bd. 2: Königswinter bis Wuppertal, Petersberg 2021, S. 1003-1009
  • LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Gutachten Bayer-Siedlungen von 1986 (Barbara Fischer)