Siedlung Caspers-Neess

Die Werkssiedlung der Tabakfabrik Gebrüder Caspers-Nees wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaut und besteht aus acht zu Paaren zusammengefassten Einfamilienhäusern; eine Einheit wurde später ergänzt.

In Größe und Baumaterial auf der ländlichen Tradition des 19. Jahrhunderts basierend, wird die Gestaltung durch farbige Ziegel, plastische Gliederungen und Betonwerksteine bereichert und variiert. Durch eigene Wohnhäuser band das Unternehmen die Facharbeiterschaft an sich, die je nach Auftragslage durch weibliche Kräfte ergänzt wurde.


Die aus ursprünglich zehn Hauseinheiten bestehende Siedlung an der Ecke Lohr- und Weinhäuserstraße diente der Unterbringung von Arbeitern der Tabak- und Zigarrenfabrik Gebr. Caspers(-Neess) und ihrer Familien und wurde deshalb auch „Caspers-Hüser“ genannt. 

Die Tabakfabrik Gebr. Caspers ist seit 1818 in dem Anwesen an der Rheinstraße nachgewiesen und kam später durch Einheirat an die Familie Neess. Ende des 19. Jahrhunderts nahm sie nach der Firma J.I.Dorff an der Langenfelder Straße den zweiten Rang ein. Im Laufe des 19. Jahrhunderts war neben der Rauchtabak- die Zigarrenproduktion der wichtigste Produktionszweig geworden. Obwohl hauptsächlich angelernte junge Frauen für die überwiegend in Handarbeit erfolgende Produktion beschäftigt wurden, gehörten zu jedem Betrieb auch einige männliche Fachkräfte für die Wartung und Bedienung der Maschinen und für schwere Arbeiten.

Mit der zunehmenden Konkurrenz anderer Unternehmen um regionale Arbeitskräfte sah sich auch die Firma Caspers-Neess offensichtlich gezwungen, um 1905 für Stamm- und Facharbeiter eigene Wohnungen anzubieten. Gleiches lässt sich bei der Hitdorfer Zündholzfabrik Salm beobachten, die neben dem neuen Fabrikstandort an der Langenfelder Straße ebenfalls um 1905 eine Reihe von (nicht erhaltenen) Arbeiterhäusern errichtete.  

Die in fünf Doppelhauspaare gruppierten eineinhalb-geschossigen Häuser beherbergen im Erdgeschoss vorn eine Stube mit großem Fenster, hinten die Wohnküche mit Durchgang zum Abort- und Stallanbau. Im Dachgeschoss mit Drempel waren zwei von den Giebelseiten her belichtete Schlafkammern untergebracht.

Die massiven Ziegelrohbauten sind mit profilierten Kunststeinelementen (Bogenanfänger und Schlussstein der Fenster- und Türöffnungen sowie Fensterbänke und Treppenstufen) ergänzt. Durch einfache Ziegelornamente sowie Farbwechsel sind die Fassaden gegliedert und differenziert. Trauf- und Ortganggesimse sind mit Klötzchen- und Zacken- bzw. Treppenfries versehen. Die Häuser 29/31 sind mit regelmäßigen Schichten gelber Ziegel aufgemauert. Auffällig sind die zwei Schornsteine je Haushälfte, die Wohnstube und Küche bedienten; die Dachdeckung erfolgte in Falzziegeln.

Raumangebot und Größe entsprechen den Tagelöhner- und Handwerkerhäusern vor Ort. Die meisten Häuser verfügen über einen kleinen Nutzgarten. Wohl bald nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Doppelhaus Lohrstraße 75-77 durch eine angepasste, unmittelbar angebaute weitere Hauseinheit (Nr. 77a) ergänzt, weswegen das Mittelhaus eine Gaube zur Beleuchtung des Dachgeschosses erhielt.  

Trotz kleinen Formats und einfacher Grundform sind die Häuser sorgfältig proportioniert und im Detail unterschiedlich gestaltet. Sie entsprechen im Raumangebot den Häusern der einfachen Bevölkerung, lassen aber fachkundige Ausführung und gestalterischen Ehrgeiz erkennen, der auf den gehobenen Anspruch der Erbauer verweist. Die Erstellung der Siedlung diente vermutlich weniger der Behebung der Wohnungsnot, als der Bindung einer Facharbeiterschaft an das Unternehmen.   

Die Siedlung Caspers-Neess bildet eine wichtige Ergänzung zu den erhaltenen Kaufmannshäusern und belegt damit nicht nur einen wichtigen lokalen Wirtschaftszweig, sondern auch die soziale Gliederung des Ortes. Es ist ein Dokument für einen ersten systematischen Wohnungsbau in Hitdorf und vermittelt ein Bild für die Dimension früherer Wohnansprüche in ländlicher Umgebung.

Familie Wirth vor einem der Doppelhäuser. Quelle: Museum Hitdorf

Alexander Kierdorf

Ortsinformation:

Lohrstraße 73-77a / Weinhäuserstraße 27-35
51371 Leverkusen (Hitdorf)

Literatur / Quellen:

  • Hinrichs, Fritz: Hitdorf am Rhein. Chronik eines bergischen Hafens, Leverkusen (Opladen) 1957 Hitdorf
  • Bilz, Fritz: Das Tabakgewerbe in und um Köln bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins, Jg. 72, 2001, S. 159-172
  • John, Gabriele; KulturStadtLev, Stadtarchiv (hg.): Leverkusen – Geschichte einer Stadt am Rhein, Bielefeld 2005
  • Behrendt, Astrid: Spaziergang durch das alte Hitdorf, Leverkusen (2)2020
  • Pufke, Andrea (hg.): Siedlungen in Nordrhein-Westfalen: Rheinschiene, Bd. 2: Königswinter bis Wuppertal, Petersberg 2021, S. 1039-1042