Güterbahnhof und Stellwerk Morsbroich

In einer Zeit, als der Güterverkehr noch als hochprofitabel galt, entstand 1871 bis 1879 durch die Rheinische Eisenbahn eine der großen industriegeschichtlich äußerst wichtigen Transporttrassen Westdeutschlands.

Am 19. 11. 1874 war an der Teilstrecke Mülheim-Ruhr nach Troisdorf auch der Güterbahnhof Schlebusch-Morsbroich in Betrieb genommen worden. Anschlussgleise führten vom Güterbahnhof zu Dynamit Nobel und die Sprengstoff AG Carbonit. Eine elektrische Kleinbahn verband am 1903 den Bahnhof mit dem Ortszentrum von Schlebusch.


Unter den drei das Leverkusener Stadtgebiet in Nord-Süd-Richtung durchquerenden Eisenbahnstrecken ist die östlichste der Rheinischen Eisenbahngesellschaft (kurz Rheinische Bahn bzw. RhE) auch die jüngste. Sie wurde 1874 als Teil einer Verbindung zwischen dem Ruhrgebiet und dem Kölner Raum gebaut. Im System der konkurrierenden Privatbahnen verfügte die endgültig bereits 1837 gegründete, aber zunächst nur linksrheinisch tätige RhE nicht über eine eigene rechtsrheinische Verbindung zwischen dem schnell wachsenden Rheinisch-Westfälischen Industrierevier zwischen Ruhr und Lippe und dem wichtigen Handels-, Banken- und Maschinenbauplatz Köln. Deshalb entschloss man sich nach der Reichsgründung zum Bau einer eigenen Strecke, die von Mülheim/Ruhr-Speldorf über Ratingen, Eller, Opladen und Mülheim/Rhein (mit Anschluss an Köln) nach Troisdorf verlaufen sollte. Damit entspricht sie im Verlauf weitgehend der späteren Autobahn A3.

Güterbahnstrecke der Rheinischen Eisenbahn. Der Bahnhof Morsbroich entstand 1874. Quelle: Topographische Karte 1927, Katasteramt Leverkusen

Nach Vereinigung der Privatbahngesellschaften in staatlicher Hand ab 1880 wurde der Personenverkehr auf die älteren Strecken der Köln-Mindener und Bergisch-Märkischen Bahn (BME) konzentriert, die im Raum Wiesdorf/Küppersteg/Schlebusch vor 1914 über die Bahnhöfe in Küppersteg, Bürrig und Manfort (Bahnhof Schlebusch) verfügten. Zur deutlichen Unterscheidung von letzterem wurde der Bahnhof der neuen Strecke der Rheinischen Bahn, obwohl näher an Schlebusch gelegen, nach Schloss Morsbroich benannt. Weiter nördlich, in Opladen, liefen die Strecken der BME und der RhE parallel und wurden von einem Bahnhof bedient. Hier entstand auch im frühen 20. Jahrhundert das neue große Ausbesserungswerk.

Mit der Konzentration der Strecke auf den Güterverkehr ab 1890 wurden die Personen-Bahnhofsanlagen bei Morsbroich obsolet und verschwanden. Dafür wurde der Güterbahnhof ausgebaut, von dem aus unter anderem die Dynamit AG in Manfort ihren Werksanschluss erhielt.

Anschlussgleise von Bahnhof zu den Dynamitfabriken. Quelle: Topographische Karte 1927, Katasteramt Leverkusen

In der Zwischenkriegszeit, vermutlich um 1935 entstand das neue Stellwerk an dem bis in die 1960er Jahre ebenerdigen Übergang der Bahnstraße (heute Gustav-Heinemann-Straße) über die Eisenbahntrasse. Er befand sich an einer wichtigen historischen Kreuzungsstelle, an welcher diagonal in Südost-Nordwest-Richtung verlaufende Fernweg (Hemmelrather Weg/Paracelsusstraße) die Bahnstraße kreuzte. Erst in den 1960er Jahren erhielt mit dem autogerechten Ausbau der innerstädtischen Hauptstraßen die Bahnstraße eine Unterführung unter der Eisenbahn.

Stellwerk Morsbroich_Übergang Bahnstraße_Blick von Norden_vor 1960. Quelle: Sammlung Helga Kruse-Klemusch, Leichlingen
Stellwerk Morsbroich von Osten. Foto: Willy Borgfeldt, 2021

Das Stellwerk auf querrechteckigem Grundriss besteht aus einem etwa zwei Drittel des Aufgehenden einnehmenden Sockel mit Werksteinverkleidung sowie einem verputzten Obergeschoss. Ein an allen Seiten weit überstehendes, verschiefertes Walmdach schließt den Bau ab.

Der Sockel aus mittelgroßen gelben Sandsteinquadern mit Eingang an der Westseite ist nur in Gruppen kleiner hochrechteckiger Fenster geöffnet. An der Ostseite ist in Frakturbuchstaben der Name Schlebusch-Morsbroich angebracht. Das Obergeschoss ist nach Westen, Norden und Osten in kastenartig vorspringenden, horizontalen Fenstern geöffnet, die jeweils auch um die Ecke reichen.

Der Zustand des ungenutzten Baus war 2022 sehr schlecht; auf der Längsseite nach Osten war die Traufe mittig zerstört; die Fenster sind zerbrochen, einige Buchstaben der Aufschrift fehlen.

Dennoch ist der Erhalt des Baus als einem der wenigen in Leverkusen original erhaltenen historischen Bahnbetriebsbauten und letztem baulichen Zeugnis des Bahnhofs Morsbroich, aber auch aufgrund seiner besonderen Gestaltung sehr wünschenswert.

Alexander Kierdorf

Internet
https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_Mülheim-Speldorf–Troisdorf

Ortsinformation:

Gustav-Heinemann-Straße 13
51377 Leverkusen (Manfort)

Möglicher Ort für bessere Sicht:
Gneisenaustraße 6-8
51377 Leverkusen