Walzwerk Wuppermann

Im Jahre 1879 verlegte Theodor Wuppermann seinen 1872 in Düsseldorf gegründeten metallverarbeitenden Betrieb ins damalige Schlebusch. Man spezialisierte sich auf warmgewalzten Bandstahl und kaltgewalzte Profile und gehörte zu den führenden Unternehmen der Branche.

Mit dem Bau eines Verwaltungsgebäudes mit zeitgemäßer Betonrasterfassade wurde die Firmenzentrale 1954 mit Werkseingang und Pförtnerhaus an den Hemmelrather Weg verlegt. Nur wenige Hallen in der Nordwestecke des Werksgeländes zeugen noch von der Produktion auf dem Gelände. Nach Schließung des Werks um 1985 entwickelt die Stadt Leverkusen das Gelände insbesondere als Standort für innovative Medizintechnik.

Geschichte

Von den ausgedehnten Anlagen des Walzwerks Wuppermann in Leverkusen-Manfort sind heute nur wenige Hallen im Nordteil des Geländes erhalten. Den einstigen Umfang des Werks spiegelt bis heute der nach dem Zweiten Weltkrieg schrittweise entstandene neue Verwaltungssitz mit Ausbildungszentrum am Hemmelrather Weg, heute als „Büropark“ unter dem Namen Marie Curie Campus bzw. als Wuppermann-Bildungszentrum in Nutzung.

Der aus Barmen stammende Kaufmannssohn und Gutsbesitzer Heinrich Theodor Wuppermann (1835-1907) erwarb zunächst 1872 ein Stahl- und Puddelwerk mit Luppenhammer in Düsseldorf-Oberbilk. 1878 kaufte er das bankrotte Walzwerk des Kölner Schrotthändlers Wilhelm Heiderich in Manfort; im folgenden Jahr verkaufte er den Düsseldorfer Betrieb. Trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage nach dem Gründerkrach 1873 gelang es Wuppermann, das Unternehmen auszubauen. Seine organisatorischen und kaufmännischen Fähigkeiten hatte er in einer landwirtschaftlichen Lehre gewonnen, an die sich bis 1871 die Tätigkeit als Gutsverwalter anschloss. Obwohl er 1864 ein eigenes Gut bei Angermünde erworben und 1869 in Berlin geheiratet hatte, kehrte er auf Drängen der Familie 1871 ins Rheinland zurück. 

Wuppermanns Mutter kam aus der Familie Scheibler, die in Monschau (Rotes Haus) und Krefeld große wirtschaftliche Bedeutung hatte.  Das mit acht Kindern gesegnete Ehepaar Wuppermann gehörte zum eng miteinander verflochtenen protestantischen Wirtschaftsbürgertum im Rheinland.1885 konnte man in Schlebusch den Landsitz des Mülheimer Textilfabrikanten Christoph Andreae jun. erwerben und großzügig ausbauen (siehe Villa Wuppermann).

Neben Halbzeugen und Schmiedestücken stellte die Firma Wuppermann 1888 erstmals Bandstahl her. Das Unternehmen wuchs kontinuierlich; im Jahr 1900 beschäftigte Wuppermann etwa 400 Arbeiter. Bestrebungen, ein eigenes Hütten- und Stahlwerk zu errichten, scheiterten jedoch, ebenso wie die hartnäckig verfolgte Absicht, die Dünn als Stichkanal vom Rhein bis zum Werk auszubauen 1930 begann man mit der Herstellung kaltgewalzter Profileisen. 

Die Nachfolge Theodor Wuppermanns übernahm zunächst sein Sohn Carl Hermann Theodor Wuppermann (1869-1941); aber schon 1924 trat einer seiner zahlreichen Enkel, August Theodor (+1966) in die Unternehmensführung ein und leitete diese über 40 Jahre lang.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte ein schneller Wiederaufbau. Dann setzte die Angliederung von verwandten Unternehmen ein, so 1964 der österreichischen Eisen- und Metallwerke Altmünster GmbH, 1971 der Rohrtechnik Osthoff GmbH in Burgbernheim (Mittelfranken).

Das Stammwerk in Leverkusen, in dem zu Hoch-Zeiten bis zu 2700 Menschen Arbeit fanden, wurde während der Stahlkrise 1983 von der Krupp Stahl AG übernommen und Ende 1986 stillgelegt. Die familiengeführte Wuppermann-Gruppe existiert jedoch weiter und übernahm eine Vielzahl kleinerer Betriebe im In- und Ausland, darunter vor allem auch in den mittel- und osteuropäischen Staaten Polen, Tschechien, Rumänien und Ungarn, wo ab 2015 für 100 Mio Euro ein neues Werk errichtet wurde. 2022 feierte das Unternehmen sein 150jahriges Bestehen.

Entwicklung des Geländes

Das Werksgelände von Wuppermann liegt nördlich der heutigen Gustav-Heinemann-Straße (damals Bahnstraße) und östlich der Bahnstrecke der früheren Bergisch-Märkischen Eisenbahn, unweit des Bahnhofs Schlebusch. Nach Norden wuchs es schrittweise bis zur Dhünnaue, unter Einbeziehung des Hemmelrather Hofes. 

Die Hauptverwaltung befand sich an der damaligen Bahnstraße. In den frühen 1950er Jahren wurde sie mit dem Haupteingang auf das Gelände des ehemaligen Schienenlagers an den Hemmelrather Weg verlegt, da das bisherige, schon lange viel zu kleine Gebäude an der Bahnstraße zugunsten der Erweiterung der 500er-Walzstraße abgebrochen werden musste. Der Neubau am Hemmelrather Weg wurde nach Plänen des Architekten Wilhelm Klein errichtet. Am 23. Juli 1954 konnte das Richtfest gefeiert werden: der Umzug der bis dahin in weiten Teilen dezentral untergebrachten Abteilungen in den Neubau erfolgte Anfang 1955. Fertiggestellt wurde als erster Bauabschnitt nur der Ostflügel; von dem spiegelbildlich geplanten, ebenfalls einspännigen Westflügel entstanden nur die beiden ersten Geschosse. In den ausgedehnten Kellergeschossen und dem Zwischenbau waren verschiedene technische Einrichtungen und Abteilungen untergebracht.  

Vom historischen Baubestand des Unternehmens aus der Vorkriegszeit ist auf dem ehemaligen Werksgelände nach Kriegszerstörung und Abrissen der Nachkriegszeit und nach Schließung nichts erhalten. Die am neuen Werkseingang gelegenen Bauten der Entwicklung und der Lehrlingsausbildung werden dagegen zusammen mit der Stadt Leverkusen, der Krupp Stahl AG und der IHK Köln als Wuppermann-Bildungswerk weiter betrieben. Im hinteren Werksbereich sind auch einige Hallen aus der späteren Nachkriegszeit erhalten.

Nach Schließung des Werks wurde das Gelände 1993 von der LEG (Landesentwicklungsgesellschaft) NRW übernommen und nach Abbruch und Altlastensanierung als neues Baugebiet für Gewerbe und Verwaltung entwickelt. Spektakulär war die Sprengung des Backsteinkamins im August 1999. Das Gelände erhielt den neuen Namen IPL = Innovationspark Leverkusen. 

Östlich anschließend an das Werk entstanden über Jahrzehnte immer wieder Arbeiterwohnungen, die aber keine geschlossene Siedlung bilden. An der Bahnstraße in Schlebusch liegt ein mehrgeschossiges Laubenganghaus des Unternehmens aus den 1950er Jahren, an dessen Front als Linienzeichnung zwei Arbeiter bei der Stahlumformung zu sehen sind.

Die erhaltenen zentralen Einrichtungen der Wuppermann AG gruppieren sich an zwei Seiten um einen rechteckigen Platz, der nach Westen zum Hemmelrather Weg und nach Osten geöffnet ist. An der Südostecke befindet sich ein eingeschossiges, halbrund vorspringendes Pförtnergebäude. Von hier aus führt nach Westen eine Achse auf das verglaste Treppenhaus des sechsgeschossigen, aber nur einspännigen Verwaltungsgebäudes. Das Scheibenhochhaus wurde in Betonskelettbauweise errichtet mit gleichmäßiger Rasterfassade aus enggereihten vertikalen Rippen mit leicht hochrechteckigen Fenstern und aus vertikal gestellten Klinkern gemauerten Brüstungsfeldern. Daran schließt in der Nordwestecke eine Erweiterung an, die als dreiseitig freistehender, dreigeschossiger flacher Kubus erscheint. Den Ostteil des Nordfront nimmt das heutige Wuppermann-Bildungszentrum ein, das aus einem mehrgeschossigen Büroriegel mit nach Norden anschließendem, langgestreckten Hallenbau besteht.

Die langgestreckte, nur durch das Treppenhaus unterbrochene Rasterfassade des Verwaltungsbaus (heute Haus 2 des Marie-Curie-Campus) zur Eingangsseite weist nur im oberen südlichen Bereich bis zum Boden durchgezogene Fenster auf, was die herausgehobene Nutzung als Sitzungssaal der Firmenleitung verweist. Auf der Rück- bzw. Westseite, die durch wesentlich durch die hochliegenden Fenster der Korridore geprägt wird, ist dieser Bereich erhöht und weitgehend geschlossen, ebenso wie der vom Treppenhaus eingenommene Abschnitt, der nur im obersten Geschoss ganzflächig verglast ist und von einem weiß gestrichenen Aufzugshaus überragt wird. Am Nordende ist an den Riegel ein siebengeschossiger „Serviceflügel“ angesetzt, der nach der Fensteranordnung wohl großzügige Sanitärräume sowie weitere Aufzüge und ein Fluchttreppenhaus enthält. Ein Dachaufbau mit Flugdach diente dem Zugang zu der für die Mitarbeiter zugänglichen Dachterrasse.

Hinter dem Haupteingang öffnet sich ein über fünf Geschosse reichendes offenes Treppenhaus mit je zwei sich kreuzenden Treppenläufen in Achse des Baus und gläsernen Wartezonen an Vorder- und Rückseite. Vermutlich dienten Umlauf- (Paternoster-)Aufzüge dem schnellen Personenverkehr.

Auf der Westseite ist dem Riegel, abgesetzt durch eine breite, eingeschossig bebaute Fuge, in ganzer Länge ein zweigeschossiger, Bauteil vorgesetzt, der ebenfalls eine Rasterfassade besitzt und ursprünglich zu einem zweiten sechsgeschossigen Bürotrakt ergänzt werden sollte. 

Weitere Wuppermann-Bauten auf dem ehemaligen Werksgelände

Der Erweiterungsbau an der Nordseite (Haus 1 des Marie Curie Campus) ist horizontal mit Fenster- und Brüstungsstreifen gegliedert, die ursprünglich Waschbetonoberflächen zeigten, jetzt aber weiß gestrichen sind; das Erdgeschoss ist vollständig verglast. Den Übergang bildet ein niedriger Zwischentrakt, an den sich nach Norden ein weiterer, vom Platz aus kaum sichtbarer Flügel (Haus 3) anschließt.

Das 1972 eröffnete Ausbildungszentrum, heute Wuppermann-Bildungswerk, setzt zum Vorplatz hin die vertikal gegliederte Baufolge mit einem zweigeschossigen Gebäude fort, an das sich eine große Halle anschließt.

Die verbliebenen Hallen der Wuppermann AG in der Nordwestecke des Geländes sind moderne Konstruktionen, wie sie seit den 1960er Jahren verbreitet waren; eine Stahlbeton-Fertigteil-Halle mit Ziegelausfachungen und Profilglas wie auch eine Stahlfachwerk-Halle mit großer streifenförmiger Rundumverglasung Die westliche Halle erinnert in ihrer langgestreckten Form an die typischen Walzwerkshallen mit den langen Walzstraßen. Nicht erhalten ist leider der einst in diesem Bereich stehende Turm der Beizerei, als Wahrzeichen des Unternehmens weithin sichtbar mit dem Namen Wuppermann beschriftet.

Weitere Zeugnisse von Werk und Familie 

Das Wohnviertel zwischen Gustav-Heinemann-Straße und Hemmelrather Weg kann als Wuppermann-Viertel bezeichnet werden, in dem ab den frühen 1920er Jahren zahlreiche Ein- und Mehrfamilienhäuser für Werksangehörige entstanden. Später wurde auch an anderen Stellen gebaut, etwa an der Von-Diergardt-Straße in Schlebusch ein Laubenganghaus mit Walzwerker-Darstellungen an der Fassade.

Die Familie Wuppermann siedelte sich im Schlebuscher „Landhausviertel“ an der Dhünn an. Beginnend mit der Übernahme des Landhauses Andreae (heute Bürgerhaus „Villa Wuppermann“) entstanden für weitere Familienmitglieder weitere – nicht erhaltene – Bauten, so die Villa Wuppermann neben der evangelischen Kirche und die Villa Petersen im Wuppermann-Park.

Die Familiengrabstätte befindet sich auf dem Schlebuscher Friedhof an der Mülheimer Straße, wo auf Initiative der Familie auch eine Kapelle entstand, an der historische Grabsteine der Familie aus dem Bergischen Land zusammengetragen wurden.   

Internet

Alexander Kierdorf

Ortsinformation:

Hemmelrather Weg 201
51377 Leverkusen (Manfort)

Literatur

  • Macco, Hermann F.; Schliper, Johann Henrich: Geschichte der Familie Wuppermann, Berlin 1911
  • Bandeisenwalzwerke der Fa. Theodor Wuppermann in Schlebusch-Manfort / C. Schulz Düsseldorf: Verlag Stahleisen 1928, 4 S. (Bau und Betrieb von Bandeisenstrassen ; 2)
  • Theodor Wuppermann G.m.b.H., Walzwerk u. Façonschmiede, Schlebusch-Manfort bei Köln: Abteilung Walzwerk [vor 1930], 13 S.
  • Chronik der Firma Wuppermann, 1938
  • Dietz, Walter: Geschichte der Familie Wuppermann / Leverkusen-Schlebusch: Familienverband d. Familie Wuppermann e. V., 1956
  • Dietz, Walter: Chronik der Familie Wuppermann (5 Bde), 1960ff
  • Müller, Friedrich Ludwig: Recherchen zum Thema Wuppermann: Bilanz bei hundert; über das Thema hinaus, 1972
  • Die Wuppermann -Gruppe: Ein Überblick, um 2012
  • Unser TW-Anker, Werkszeitschrift der Wuppermänner, Jahrgänge 1, 1953-7, 1959